Zu einer Aktuellen Umfrage der DNN

Vorbemerkung

Ich kommentiere sonst eher selten öffentlich die Validität veröffentlichter Umfrageergebnisse, da ich generell immer etwas vorsichtiger bei der Bewertung von Umfragen bin (da ich die übergeordnete Disziplin mal im Nebenfach studiert habe) und auch nicht zu jenen Teilen der Politik gehöre, die bei jeder nicht in den Kram passenden Umfrage deren Repräsentativität in Frage stellt.

Zur aktuellen DNN-Umfrage, welche heute veröffentlicht wurde, muss aber was gesagt werden. Wer eine weitestgehend unrepräsentative Umfrage, wie die aktuelle, drei Tage vor der Wahl als Zeitung veröffentlicht, dem muss man fast den Willen zur politischen Einflussnahme  unterstellen lassen. Es gibt Umfragen, deren Ergebnis ist so invalide, dass man sie nicht veröffentlichen sollte. Die aktuelle Umfrage der DNN gehört dazu. Auch wenn man sicherlich viel Geld für diese Umfrage bezahlt hat, wäre es redlicher gewesen die Umfrage in der Schublade zu lassen.

Ich finde es gut, dass Herr Prof. Dr. Donsbach sehr umfassend die Ergebnisse erläutern und auch die Probleme der Umfrage. Dass Prof. Dr. Donsbach dies aber fast auf einer halben Seite die Umfrage erläutern muss und betont, dass diese keine Prognose sondern eine Stimmung sei, und es noch knapp werden könnte, weil 16% der Wahlwilligen noch unentschlossen seien, spricht für sich, wohl aber nicht unbedingt für die Qualität der Umfrage (Deren Validität Donsbach ja selbst indirekt anzweifelt, da nach dieser Umfrage 75% der Befragten im ersten Wahlgang wählen waren, was aber nicht mit der realen Wahlbeteiligung übereinstimmt).

Zur Repräsentativität

Die Umfrage täuscht eine höhere Repräsentativität vor, als sie tatsächlich hat. Sie versucht eine Wahlabsicht zu messen. Es sind nicht die 450 Personen entscheidend, sondern nur die 333, die zumindest abgegeben haben, zu Wahl zu gehen, weil nur diese Auswirkungen auf die Grundgesamtheit Wahlergebnis haben (wie auch gut in der Grafik ausgeführt)

Statistiker und Demoskopen arbeiten bei der Repräsentativität von Umfragen mit Konfidenzintervallen. Im Gegensatz zur viel verbreiteten Meinung spielt die Zahl der Befragten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Grundgesamtheit nur eine untergeordnete Rolle. Man kann bekanntermaßen mit den bekannten 1001 Befragten eine Bundestagswahlumfrage genauso valide erstellen, wie eine Umfrage zur Dresdner OB-Wahl, sofern es eine repräsentative Auswahl der Befragten (idealerweise Zufallsauswahl) gibt.

Bei der Arbeit mit Konfidenzintervallen wird damit operiert, dass eine Befragung mit einer gewissen Spanne in den jeweiligen Einzelergebnissen in X% der Fälle tatsächlich in der Realität zutrifft. Klassisch arbeitet man mit 95%-Konfidenzintervallen. Das bedeutet, dass 95% der Umfragen zu einem Ergebnis kommen, bei der der gemessene Wert innerhalb einer gewissen Spanne um den Ergebniswert der Umfrage herum mit der Realität übereinstimmen. Anhand dieser 95% Annahme wird dann eine „Schwankungsbreite“ des Einzelwertes in der Umfrage ermittelt. Die Formel dazu kann man einfach im Internet recherchieren.

Nun nehmen wir einmal an, dass bei der Umfrage mit dem geschilderten 95%-Annahme operiert wurde (lässt sich der Darstellung nicht entnehmen). Es ergibt sich dann mathematisch beim Wert von Herrn Hilbert (47%) eine Schwankungsbreite von +/- 5,4%. Beim Eva-Maria Stange (36%) eine von 5,2%. Damit stoßen der untere Bereich von Dirk Hilbert und der obere Bereich von Eva-Maria Stange fast an einander. Rechnerisch wäre nach dieser Umfrage ein Ergebnis von Eva-Maria Stange von 41,2% genauso wahrscheinlich wie ein Hilbert-Ergebnis von 41,6% Das ist schlichte Mathematik. Die Aussagekraft der Umfrage, was die Abstände zwischen Stange und Hilbert angeht, tendiert damit faktisch gegen Null. Ein paar mehr wahlwillige Befragte hätten der Umfrage mehr als gut getan, weil sie diese faktische Überschneidung verhindert hätte.

 

Lara Liqueur

Steht zur Wahl, wurde aber nicht abgefragt – ist mir ein Rätsel warum nicht, gerade weil diese Stimmen entscheidend sind, wenn es knapp wird.

 

Zeitraum und Befragungsmethode

Die Umfrage wurde über zwei Wochen erhoben. Zwei Wochen sind ein sehr langer Zeitraum, welcher meines Erachtens für die Abfrage einer unmittelbar bevorstehenden Wahlentscheidung hier viel zu lang ist, zumal die Endeffekte des Wahlkampfes da noch nicht deutlich spürbar waren.

 

 

Zu diesen immanenten Problemen kommen dann noch die von Prof. Dr. Donsbach beschriebenen latenten Probleme der unterschiedlichen Wahlbeteiligungsneigung und des sozial erwünschten Verhaltens dazu.

Bleibt als Fazit: Hätte die DNN geschwiegen, wäre man Philosoph geblieben. So bleibt der fahle Beigeschmack, dass mit der Umfrage bewusst oder unbewusst Ergebnisse prädeterminiert werden sollten.